LEIDENSCHAFT, ist die Freiheit von "ich" und "mein"

Jiddu Krishnamurti

... Leidenschaft ist die Freiheit von "ich" und "mein", die das Zentrum aller Befriedigung und aller Leiden sind. Leidenschaft fordert nicht, weil sie einfach ist, und ich spreche hier nicht über etwas Statisches. Leidenschaft ist der Ernst der Ich-Aufgabe, in der das "Du" und "Ich" nicht mehr existiert; deshalb ist Leidenschaft die Essenz des Lebens. Das ist, was sich bewegt und lebt. Wenn das Denken jedoch all die Probleme von Habenwollen und Festhalten aufbringt, dann hört Leidenschaft auf. Ohne Leidenschaft gibt es keine Schöpfung. ...

... Darin liegt die Schönheit der Leidenschaft, die das vollständige Aufgeben und Loslassen des "ich" und "mein" und deren Zeit darstellt. 

Second Penguin Krishnamurti Reader, S. 296 - 298

 ... Wir fliehen vor der Tatsache, dass wir leiden. ... Ich denke, dass das Ende des Leidens mit der Intensität der Leidenschaft verbunden ist. Nur da, wo man sich selber preisgibt, kann Leidenschaft sein. Man ist niemals leidenschaftlich, wenn nicht das, was wir Denken nennen, abwesend ist. Was wir Denken nennen, ist eine Reaktion auf verschiedene Muster und Erfahrungen des Gedächtnisses und wo diese konditionierte Reaktion vorhanden ist, da gibt es keine Leidenschaft, gibt es keine Intensität. Diese Intensität kann es nur geben, wenn das "Ich" ganz abwesend ist.

... Ich denke, dass die beiden aufeinander bezogen sind - Liebe und Leid - und wenn man verstehen will, was Liebe ist, muss man die Unermesslichkeit des Leidens fühlen.

... Sie werden erst dann entdecken, was Liebe und was Leid ist, wenn Ihr Kopf alle Erklärungen zurückweist und sich nichts mehr vorstellt, nicht mehr nach der Ursache sucht, sich nicht mehr auf Worte einlässt oder in der Erinnerung zu seinen eigenen Vergnügungen und Schmerzen zurückgeht. Ihr Kopf muss ganz still werden, wortlos, auf Symbole und Ideen verzichten. Dann werden Sie diesen Zustand entdecken, oder er wird sich von selbst einstellen, in dem das, was wir Liebe, was wir Leidenschaft nennen, was wir als Tod bezeichnen, ein- und dasselbe sind. Es gibt dann keine Trennung mehr zwischen Liebe, Leid und Tod; und weil es keine Trennung mehr gibt, stellt sich die Schönheit ein. Aber um das zu begreifen, um in diesem Zustand der Ekstase zu sein, ist jene Leidenschaft unerlässlich, die sich in der totalen Selbstvergessenheit einstellt. ... 

Über die Liebe, Saanen, 5. Aug 1962